Hämophilie - Die Bluterkrankheit

Die Hämophilie ist eine angeborene Störung der Blutgerinnung. Der Körper braucht eine funktionstüchtige Blutgerinnung, um ein ver­letztes Blutgefäss wieder zu verschliessen. Die Blutgerinnung ist ein sehr komplizierter Vorgang, mit einer Kettenreaktion vergleichbar. Die Glieder der Kette sind verschiedene körpereigene Stoffe, Gerinnungsfaktoren genannt. Im Zusammenspiel mit den Gefässzellen und Blutplättchen bilden sie ein Blutgerinnsel, das ein verletztes Blutgefäss verschliesst. Ein Gerinnungsfaktor, der so genannte Faktor VIII, fehlt bei der Hämophilie A, ein anderer, der Faktor IX, bei der Hämophilie B. Beide Krankheitsbilder unter-scheiden sich nicht voneinander. Wenn andere Gerinnungsfaktoren fehlen, entstehen auch hämophilieähnliche Krankheitsbilder, die allerdings sehr viel seltener vorkommen.

Die Blutgerinnungsfaktoren sind Eiweissstoffe; die meisten von ihnen werden in der Leber gebildet. Eine schwere Lebererkrankung kann deshalb auch zu Störungen der Blutgerinnung führen, da die kranke Leber die Gerinnungsfaktoren nicht mehr herstellen kann. Umgekehrt, so wurde beobachtet, hat sich die Blutgerinnungsstörung bei Hämophilen, die sich wegen drohenden Leberversagens einer Lebertransplantation unterziehen mussten, normalisiert.

Nun darf im Körper das Blut nicht un­kontrolliert gerinnen, denn unerwünschte übermässige Gerinnsel in den Blutgefässen würden zu Gefäss­verschlüssen (Thrombosen und Embolien) führen. Um solche zu verhindern, existiert im Körper ein gegen­läufiges System, das die Blutgerinnung hemmt. Die an diesem Hemmsystem beteiligten Faktoren sind die so genannten Inhibitoren der Blutgerinnung.

Personen mit einer normalen Blutgerinnung verfügen in ihrem Blutplasma über eine Faktor-VIII- bzw. IX-Aktivität zwischen 50 und 100%. Einer Aktivitätsverminderung auf 6 bis 30% liegt eine leichte Hämophilie zugrunde, Werte zwischen 1 und 5% bedeuten eine mittelschwere Hämophilie. Wenn im Blutplasma mit Labortests keine Faktor VIII- bzw. IX-Aktivität (<1%) feststellbar ist, sprechen wir von schwerer Hämophilie.

Die Häufigkeit der Hämophilie

Unter 10 000 männlichen Neugeborenen findet sich statistisch gesehen ein Knabe mit Hämophilie. Die Hämophilie A kommt sechsmal häufiger vor als die Hämophilie B. Im nationalen Register der Schweiz sind gut 750 Hämophile erfasst, die mehr oder weniger regelmässig wegen ihrer Hämophilie ärztliche Hilfe brauchen.